Dienstag, 5. Oktober 2010

S21 : Vorläufiger Abrissstop und unzulässige Volksabstimmung?

Wie ich gerade auf der Seite des SWR nachlesen konnte, kamen renommierte Verfassungsrechtler zu dem Urteil, dass die geforderte Volksabstimmung nicht zulässig sei.

Laut dem von der Baden-Württembergischen Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten, sei weder die neue Schnellbahntrasse nach Ulm, noch die Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs von einer Volksabstimmung abhängig zu machen.
Der Bau der Strecke sei im Zuständigkeitsbereich des Bundes und nicht in dem des jeweiligen Landes. Der Ausstieg aus der Finanzierung des Milliardenprojekts sei ebenfalls nicht möglich, da das Parlament über den Haushalt entscheide.
Daher könnten Etatfragen nicht mittels einer landesweiten Volksabstimmung geklärt werden.
Desweiteren seien die Firsten für eine Kündigung der Verträge bereits abgelaufen.

Gegenargumente kamen derweil seitens des SPD-Rechtsexperten "Georg Hermes", der damit konterte, die "Unkündbarkeit" würde gegen demokratische Grundsätze verstoßen.

Ich kenne persönlich nicht die Fristen der Verträge, dennoch ist mir bewusst, dass die Fristen zum Schutze beider Seiten vorhanden sind. Das bedeutet allerdings auch, dass sich beide Seiten an diese Fristen halten müssen.
Würde ich in einem Laden ein Gerät mit 2 Jahren Garantie kaufen, würde ich nach 3 Jahren auch kein Ersatzgerät mehr bekommen. Ebenso ist es im Vertragsrecht bezüglich der Arbeitnehmer und -geber. Sofern die Wiederrufungsfristen einer Kündigung abgelaufen sind, kann ich rein rechtlich nichts mehr machen.
Etwas fragwürdig empfinde ich nun die Behauptung, diese "Fristen" würden gegen "demokratische Grundrechte" verstossen.

Nach der Aussage des SPD-Rechtsexperten, sollten nachfolgende Regierungen die Möglichkeit haben, von der vorherigen Regierung getroffene Entscheidungen zu ändern.
Sofern es jede Wahlperiode, also alle 4 Jahre eine neue Regierung gäbe, könnte diese nun einfach alles über den haufen werfen um die eigenen Pläne durchzusetzen. Das wäre nicht nur chaotisch, es wäre auch eher kontraproduktiv. Es geht darum bestehende Entscheidungen zu verbessern, ganz klar, EINDEUTIGE Fehlentscheidungen können schlussendlich immernoch im Parlament abgestimmt werden und so schlussendlich den legalen Weg der Veränderung gehen.
Keiner behauptet, Fehler müssten dauerhaft bestehen bleiben. Allerdings ist es ziemlich dreist Aktionen und Handlungen als Fehler darzustellen, NUR weil die eigene Meinung sie als solche sieht.
Wo kämen wir denn hin, wenn jede Regierung auf einmal neue Regeln schreiben würde, die in den nächsten 4 Jahren wieder abgeschafft würden.
Das gleiche gilt meiner Meinung nach auch für den Bund und die Länder. Wie könnte ich als "Investor" einiger Projekte der Bundesregierung noch darauf vertrauen, dass diese die "Versprechungen" auch einhalten, wenn es aufeinmal bei einer neuen Regierung keine Garantie mehr gäbe. Dafür gibt es Abstimmungen, die im Bundestag geregelt werden und schlussendlich die Fristen um begangene Fehler zu beheben.

Über die Behauptung, "das Volk könne ja sonst über garnichts mehr Entscheiden", im Bezug auf die Etatfragen, musste ich etwas lachen.
Wir leben in einer Demokratie. Eine Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass Interessenvertreter vom Volk und/oder den jeweiligen Ländern gewählt werden. Diese werden auf Zeit gewählt und sollen in diesem Zusammenhang während eben jener Amtszeit die Meinung der Bürger bzw. des Bundes vertreten.
Die Partei bzw. der Kanzlerkandidat mit den meisten Stimmen bekommt schließlich den Posten. Ein schlichtes und einfaches Mehrheitsprinzip.
Aufgrund der vielen Interessengruppen wäre alles andere auch nicht möglich.

Ebenfalls im Bezug auf die Abriss- und Fällarbeiten gibt es bereits seit gestern Neuigkeiten. Weitere Abrissarbeiten, sowie weiteres Fällen von Bäumen sei bis zur Landtagswahl am 27. März 2011 nicht geplant. Einen Baustopp als Bedinung für Gespräche wurden aber erneut abgelehnt.
Meiner Meinung nach die richtige Entscheidung. Zu zeigen, dass man nachgibt bedeutet nicht nur schwäche, sondern dass man ohne wirklichen Grund einfach Forderungen stellen kann. Das "Aussetzen" der Gespräche seitens der Projektgegner wäre nicht nur der Beweis dafür, dass es garnicht um die Konfliktlösung geht, sondern vor allem darum geht, das ganze Bauvorhaben zu stoppen und zu verzögern EGAL um WELCHEN Preis. Interesse an einem "Mittelweg" kann man nur aktiv bekunden und nicht durch läppische Forderungen.

Die Aufarbeitung des Polizeieinsatzes vor wenigen Tagen halte ich dagegen für wichtig. Wenn ich auch nicht damit übereinstimme, die Polizisten hätten ausschließlich Fehlverhalten an den Tag gelegt. Etwas mehr Diskussionsbereitschaft zur Wahrheitsfindung sollte eigentlich gegeben sein. Doch solange Aussage gegen Aussage steht wird es keine wirklichen Beweise geben, die irgendeine Seite ins reine bringt. Weder die der Polizisten, noch die der Demonstranten.

Allein die Tatsache, dass die Polizei bereits im Vorfeld massiv bedroht wurde, zeigt doch auf, dass es nicht NUR um friedliche Demonstranten gehen kann. Ob diese dann auch tatsächlich zur Tat geschritten sind und einen Angriff (in welcher weise auch immer) auf die Polizisten gestarten haben, bleibt für mich weiterhin unklar, gerade weil ich nicht dabei war.


Die Suche nach einem Streitschlichter :


Die Suche nach einem Streitschlichter dagegen halte ich für Quatsch. "Bei diesem Thema gibt es schlichtweg nichts zu schlichten. Entweder der Bahnhof kommt unter die Erde oder nicht!"
Kaum zu glauben, dass dieser Satz von der SPD-Abgeordneten Ute Vogt stammte.
Da es bei diesem Streit aber nicht um irgendwelche Gehaltserhöhungen geht, sondern um Grundsatzentscheidungen, die bereits getroffen wurden und nun öffentlich angeprangert und in Frage gestellt werden, würde ein Schlichter schlussendlich keine Ruhe in die Sache bringen. Solange es KEINEN driftigen Grund für den Baustopp und/oder der Beendigung des Projekts gibt, solange gibt es auch keine Notwendigkeit einen Schlichter einzusetzen.



Also bitte, liebe Gegner ... statt einen Baustopp zu fordern UM mehr Zeit für die Suche nach eigenen Argumenten zu erhalten, solltet ihr lieber erst einmal Argumente vorweisen, die auch nur ansatzweise das Projekt in Frage stellen können.

Hier ein paar Argumente der Gegnerseite und meine Meinung dazu :


Kostenexplosion und Finanzierung :

Die Kosten sind weder explodiert, noch exorbitant angestiegen. Die Kosten, die gestiegen sind, sind durch den Finanzierungspuffer, der von Anfang an bestand, BIS JETZT noch mit abgedeckt. Ebenfalls bekommt man für das Geld einiges geboten, das Gegenprojekt K21 dagegen weist eine deutlich niedrigere Kosten-Nutzungsrate auf und besticht vor allem dadurch, dass Folgekosten in mehreren Jahren erneut notwendig werden würden.


Die Bäume müssen weichen :

Für jeden gefällten Baum werden ca. 200 neue Bäume gepflanzt, mal abgesehen davon, dass MASSENWEISE neue Grünfläche entsteht. Was daran der Nachteil sein soll, kann ich schlichtweg nicht verstehen. Selbst "alte" Bäume haben keine höhere Bedeutung. Bäume können NUR alt werden, wenn sie die Chance haben auch zu wachsen. Jeder "nicht gefällte baum" nimmt also vielen anderen Bäumen die Chance zu entstehen.
Es muss schlussendlich irgendwann jemand gehen/sterben, damit jemand oder etwas neues entstehen bzw. geboren werden kann. Die Bäume werden ja nicht grundlos gefällt, sondern im Zusammenhang eines ziemlich umfangreichen Städtebauprojekts, das unter anderem eine rießige Parkfläche entstehen lassen würde.


Die Gefährdung der Mineralquellen :

Seien wir mal ehrlich, wir leben in einem Land, das Mobiltelefone besitzt, Brücken über Flüsse baut, die Breiter als Stuttgart sind, Bahnen unter Wasser verlaufen lässt und es schafft Dinge zu ermöglichen, die selbst Naturgewalten Überstehen können. Wieso sollten gerade spezialisierte Exprerten es NICHT schaffen diese Mineralquellen zu schützen.
Was könnte passieren?
Was wären die Folgen?
Schlussendlich denke ich, dass es IMMER ein Restrisiko gibt, doch eine wirklich begründete Annahme dieser vorhergesagten Katastrophe gibt es keine. Aber der Weltuntergang wird ja auch ständig vorhergesagt, bis sich die angeblichen Alleswisser dann doch einmal geirrt haben.


Untertunnelung - Gefahr :

Stuttgart wurde gebaut, die Technik kam, die U-Bahn folgte. Tunnel wurden durch Stuttgart gebaut und führen BIS HEUTE erfolgreich tausende Menschen von A nach B. Gerade in einer Stadt, die bereits durch ihre betunnelte Infrastruktur Erfahrung mit sich bringt sollte doch ein wenig Vertrauen verdient haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es zum damaligen Zeitpunkt auch so viele "Gegner" mit eben diesem Argument gab. Selbst wenn, wurden sie eines besseren belehrt. Bis heute fährt die Stuttgarter Stadt- und Straßenbahn erfolgreich unter Stuttgart hindurch und wegzudenken ist diese in keinem Fall mehr.
Kein Vertrauen in die Experten bedeutet auch hier wieder, dass man in niemanden Vertrauen haben dürfte. In keinen Architekten, in keinen Bauunternehmer, in keinen Entwickler. Schlussendlich könnte ja jeder "pfuschen". Da die Technik heute so weit entwickelt ist, gibt es aber genug Projekte, die bereits ähnliche Vorhaben erfolgreich gemeistert haben. An der Möglichkeit der Bewerkstelligung dieses Projektes scheitert es schließlich nicht, sofern man auch wirklich Profis damit arbeiten lässt.

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